Von der ersten Begegnung zum Lebensthema: Glühende Verfechterin der Erinnerung an das bedeutende Kriegsgefangenenlager Stalag VII A

2014 setzte ich erstmals meinen Fuß auf das Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenfriedhofs des Stalag VII A Moosburg. Ich spürte sofort: Hier ist etwas passiert. In diesem Moment ist auch etwas mit mir passiert. Aus dem Mädchen und der Frau, die aufgrund der Kriegstraumata der Eltern das Thema Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg weit, weit von sich gewiesen hatte, wurde eine Fürsprecherin der Kriegsgefangenen, erst der in Moosburg verstorbenen, dann aller Gefangenen, zuletzt auch der bislang weitgehend unsichtbaren Frauen, den Zivilarbeiterinnen und ihren Kindern bis hin zum bei oder nach der Geburt verstorbenen Baby. Ich wurde auch zur glühenden Verfechterin des Erhalts aller in städtischer Hand befindlichen Baracken aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, den Resten einer Gefangenenbaracke und drei Wachmannschaftsbaracken, insgesamt einer absoluten Besonderheit in Deutschland in Sachen (gleichwohl bedrohter) Originalsubstanz.

So sind seit 2014/15 zahlreiche Kunstwerke, literarische Texte, v.a. Gedichte, und – da ich auch und wohl vor allem Kunsthistorikerin und Journalistin bin – Zeitungsartikel und wissenschaftliche Beiträge entstanden. Ich habe Vorträge gehalten und Ausstellungen gemacht oder mitorganisiert. Dabei bin ich durchaus stolz auf meine Kunstbeiträge zum Thema Stalag VII A: 1000 Kunstwerke für die rund 1000 in Moosburg verstorbenen Kriegsgefangenen, die „150.000“, die alle im Moosburger Lager Registrierten sichtbar machen, das Erinnern an die hier verstorbenen sowjetischen Gefangenen in „Wiedergeburt“ oder „Stumm“, eine Installation, die den Zivilarbeiterinnen und ihren in Moosburg gestorbenen Kindern gewidmet ist.

2020 hatte ich eine große Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Befreiung des Stalag VII A mit neuen Musikkompositionen und einer die Veranstaltung umrahmenden Ausstellung geplant. Die Corona-Pandemie reduzierte sie auf ein absolutes Minimum. Auch das „75+1“ musste umgeplant werden und sorgt dennoch für ein absolutes Novum: Erstmals wird das komplette Haus der Bildung, Heimat der vhs Moosburg, bespielt und mit einer „virtuellen Vernissage“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Alternative zum Gedenken an den 76. Jahrestag der Befreiung kann sich hoffentlich sehen lassen. Neben den Kunstwerken „Befreiung III“ der Münchner Künstlerin Blanka Wilchfort, die aktuell für den Tassilo-Preis nominiert ist, und „Die Flucht“ der Moosburger Kunstschmiede Johann Reif und Reinhard Reif, zeige ich eigene Fotografien und Foto-Collagen. Wichtiger noch sind mehrere Installationen, die das Gebäude geradezu zum Mahnmal gegen den Krieg und gegen das Vergessen machen. Im Gebäude verteilte Gedichte sorgen für eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der Problematik Krieg, Gefangenschaft und Erinnerung. Grußworte u.a. aus Australien vervollständigen die Sicht auf das Stalag VII A einst und jetzt.

Diese Art des Gedenkens, v.a. die aktuelle künstlerische Auseinandersetzung mit einem Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs in Wort, Bild und „3D“, dürfte Deutschland- oder gar weltweit einzigartig sein und ein absolutes Alleinstellungsmerkmal auch für die Stadt Moosburg darstellen. Für mich selbst ist die Auseinandersetzung mit dem Stalag VII A längst das ganz persönliche Lebensthema.

Die Installation „Auch ich…“, 2021

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